Immobilienblase: To be or not to be?

Entsteht eine Immobilienblase, liegt die Verantwortung dafür in der Regel entweder beim Staat oder den Banken. Ist der Staat Verursacher der Immobilienblase, spricht man von einer “fiskalinduzierten” Immobilienblase. In diesem Falle hat der Fiskus ein Auseinanderlaufen von Angebot und Nachfrage verursacht – in der Regel durch Regulierungsmaßnahmen.

Liegt die Schuld jedoch bei den Banken, handelt es sich um eine “kreditinduzierte” Immobilienblase. Diese entsteht, wenn Banken Immobilienkredite zu locker vergeben. Die US-Finanzkrise 2008 entstand etwa aus einer kreditinduzierten Immobilienblase.

Was sind die fünf Phasen der Immobilienblase?

Laut den Ökonomen Hyman Minsky und Charles Kindleberger verläuft eine Spekulationsblase in fünf Phasen:

  1. Die Phase der Verlagerung: Sie wird eingeleitet durch eine gravierende Veränderung, die die Weltwirtschaft beeinflusst. Bei einer Immobilienblase können dies zum Beispiel historisch niedrigen Bauzinsen sein. Statt ihr Geld in Aktien anzulegen, interessieren sich mehr Menschen für die Kapitalanlage Immobilie. Die Nachfrage steigt entsprechend.
  2. Die Phase des Booms: Immer mehr Menschen erfahren, dass sich das Investment in Immobilien lohnt. Es kommt zum Immobilienboom. Entsprechend steigen Nachfrage und Preise.
  3. Die Phase der Euphorie: Die Immobilienpreise steigen immer schneller. Wer jetzt kauft, sieht nur noch das Ziel, die Kapitalanlagen später gewinnbringend zu verkaufen. Etwaige Risiken blenden die Anleger aus.
  4. Die Phase der finanziellen Not: Die Immobilienblase platzt, die Preise fallen. Eigentümer verkaufen aus Panik oder durch Zwangsversteigerung.
  5. Die Phase der Abscheu: Das Interesse am Immobilienkauf nimmt ab. Die gesunkene Nachfrage lässt die Preise weiter fallen.

Eine hohe Nachfrage nach Immobilien – auch begünstigt durch niedrige Bauzinsen – ließ die Preise in Deutschland in den vergangenen Jahren teils erheblich steigen. Mitunter haben sie ein Niveau erreicht, welches sich ein Normalverdiener kaum mehr leisten kann. So lagen die Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen in München im zweiten Quartal 2022 bei durchschnittlich 9.900 Euro. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis für ein Haus in der bayerischen Hauptstadt lag bei 9.200 Euro. München gilt damit weiterhin als teuerste Metropole des Landes. Doch auch in anderen Großstädten und Ballungsräumen stiegen die Preise weiterhin stark. Kein Wunder, dass sich Verkäufer und Käufer auch oder gerade in Zeiten steigender Zinsen fragen, mit welcher Immobilienpreisentwicklung zu rechnen ist und ob auf dem Immobilienmarkt Deutschland eine Immobilienblase platzt.

Die Frage, ob es 2023 eine Immobilienblase in Deutschland gibt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es gibt vielmehr Faktoren, die sowohl dafür als auch dagegen sprechen.

Für eine Immobilienblase sprechen beispielsweise diese Faktoren:

  • Die Kaufpreise für Immobilien in der Bundesrepublik steigen seit Jahren kontinuierlich. Vor allem in Metropolen wie Berlin, Hamburg oder München gibt es enorme Preissprünge.
  • Die Immobilien sind teils erheblich überbewertet: laut dem Monatsbericht der Deutschen Bundesbank um bis zu 40 Prozent im Jahr 2021. Das heißt: Die Verkaufspreise sind viel höher als angemessen. 2020 waren es noch 30 Prozent.

Gegen eine Immobilienblase im Jahr 2023 könnten diese Faktoren sprechen:

  • Die Preisentwicklung bei Immobilien ist in ländlichen Gebieten weiterhin moderat.
  • Banken in Deutschland vergeben spätestens seit Einführung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie Kredite nur an kreditwürdige Käufer.
  • Es ist keine Überschuldung der deutschen Haushalte zu beobachten. In Deutschland finanzieren die meisten Käufer langfristig. Der Effekt steigender Zinsen wirkt also erst mit deutlicher Verzögerung.

Ihr
Tobias Mangold