Pandemie und Immobilien

Trotz Krise steigen die Kaufpreise für Wohnungen und Häuser immer weiter. Käufer stört das nicht weiter. Bei anderen Immobilienarten läuft es mies. Wer gewinnt, wer verliert?

Das vergangene Jahr war in vielerlei Hinsicht kein gutes. Das lag nicht nur an den – mal verschärften, mal entschärften – Kontakt- und Abstandsvorschriften, sondern auch daran, wie stark das Virus einzelne Branchen getroffen hat.

In Spiegelbild davon ist die paradox anmutende Entwicklung am deutschen Immobilienmarkt: Da schnürt die Regierung ein Rettungspaket nach dem anderen, da sind zeitweise Millionen Menschen in Kurzarbeit, da stehen manche Selbstständige plötzlich ohne jedes Einkommen da – und zeitgleich werden Wohnungen und Häuser immer teurer. Allein zwischen Juli und September stiegen nach Angaben des Statistischen Bundesamts die Preise im bundesweiten Schnitt um fast acht Prozent im Vergleich zum Sommer 2019. In Großstädten kletterten die Preise für Eigentumswohnungen seit 2015 gar um 50 Prozent nach oben: Wer in München heute eine Zwei-Zimmer-Wohnung in der Innenstadt kaufen will, muss rund 200000 Euro mehr zahlen als damals. Wie lange hält diese Entwicklung an und welche Branchen profitieren am meisten?

Auch vor Corona sind die Immobilienpreise in vielen Städten auf immer neue Rekordhöhen geklettert. Und der Immobilienmarkt reagiert traditionell meist mit einer gewissen Verspätung auf wirtschaftliche Krisen. Insofern könnten die Folgen der Pandemie erst Mitte 2021 in Form von fallenden Mieten und Kaufpreisen sichtbar werden. Danach sieht es bislang aber nicht aus.

Schon während der Finanzkrise sind Investoren vielfach in diese Anlageform ausgewichen. Zusätzlich angetrieben wird der Immobilienboom aktuell von Negativzinsen für Spar- und Girokonten auf der einen und extrem niedrigen Bauzinsen auf der anderen Seite. Aber Achtung: Nicht ganz Deutschland erlebt einen Ansturm auf Immobilien. Viele ländliche Regionen, besonders im Osten, sind weiterhin außen vor. Anders gesagt: Das Ungleichgewicht am Immobilienmarkt – leer stehende Häuser hier, mangelnder Wohnraum dort – bleibt trotz Boom weiter bestehen.

Ein Nischendasein haben in Deutschland bisher Ferienimmobilien gefristet. Das ist nun vorbei. Spätestens seit diesem Sommer ist vielen Urlaubern der Wert einer eigenen Ferienhütte klar geworden. Die Folge: Die Kaufpreise sind, besonders an Nord- und Ostsee oder im Schwarzwald, rasant gestiegen – und die Nachfrage scheint weiter groß zu sein. Das legt jedenfalls eine Untersuchung der Marktforschungsgesellschaft Handelskontor nahe. Demnach haben noch nie so viele Menschen auf Google nach Begriffen wie „Ferienimmobilie“ und „kaufen“ gesucht. Viele Käufer planten außerdem, die neue Immobilie nicht zu vermieten, sondern selbst zu nutzen – als sicheren Zufluchtsort für den nächsten Lockdown womöglich.

Aber nicht alle Immobilienarten werden teurer: Am stärksten leiden Einzelhandelsimmobilien und Hotels unter den Folgen der Pandemie. Dem Einzelhandel machen die Zunahme des Onlinehandels durch Corona und die Abstandsvorschriften in den Geschäften schwer zu schaffen; Hotels sind seit Monaten kaum belegt oder dürfen erst gar nicht öffnen. Mit einer Rückkehr auf Vorkrisenniveau rechnen manche Experten daher erst ab 2023. Von diesen virusbedingten Verwerfungen sind auch Anleger betroffen, die in Form von Immobilienfonds mit einem Schwerpunkt auf diese Anlageklassen investiert hatten.

Gewinner der aktuellen Entwicklung sind dagegen Logistikimmobilien. Diese profitieren vom wachsenden Onlinehandel, weil dadurch immer größere Lager- und Verteilerzentren benötigt werden. Irgendwo dazwischen liegen Büroimmobilien. Zwar sind viele von ihnen in den vergangenen Monaten zu Geisterhäusern mutiert, die befürchteten massenhaften Mietausfälle oder Büroschließungen sind aber ausgeblieben. Inwieweit sich der Trend zu mehr Arbeit von zu Hause aus verfestigt, kann aktuell aber niemand genau abschätzen.

Der Markt ist also dynamisch und ungleichmäßig. Es lohnt sich immer genauer hinzusehen.


Ihr
Tobias Mangold