Strategiegedanken für Immobilien 2023

Immobilieninteressierte haben die Entwicklung von Zinsen und Baukosten 2022 mit Staunen beobachtet und sind zuweilen auch an deren enormer Dynamik verzweifelt. Zudem brachte die Bundesregierung zusätzlich Unruhe in den Markt. Was bleibt, ist eine völlig neue Situation. Lohnt sich der Kauf oder sollte man besser warten?

in Argument, das für das prompte Zugreifen beim richtigen Objekt spricht, ist der weitere Zinsanstieg. Auch wenn es zurzeit schwer ist vorherzusagen, wie sich die Baufinanzierungszinsen konkret mittel- und langfristig entwickeln werden. Zu ungewiss sind die Faktoren, die Einfluss auf die Zinsen haben. Niemand kann mit Bestimmtheit sagen, wie genau es mit der Inflation, der Wirtschaftskraft und den Energiepreisen weitergeht.

Die Baufinanzierungszinsen werden nicht wieder auf das extrem niedrige Niveau der letzten Jahre zurückfallen – die Zeiten des billigen Baugelds von einem Prozent oder weniger sind vorbei. Im Gegenteil: Derzeit geht man davon aus, dass man mit weiterhin steigenden Zinsen rechnen muss. Der Bestzins für 10-jährige Zinsbindungen wird im Laufe des Jahres auf über 4 Prozent steigen.

Der Hauptgrund für vermutlich höhere Zinsen im Jahr 2023 ist die extreme Inflation und die Erwartung, dass sie zunächst auf hohem Niveau verharren wird. Aber: So steile Anstiege wie 2022 erwartet man natürlich nicht mehr – eher wird es vermutlich Zickzack-Bewegungen geben, bei denen sich Rückgänge mit Anstiegen abwechseln.

Die Preise für Wohneigentum sind in den letzten Jahren regelrecht davongerannt – zum Teil im gestreckten Galopp. Selbst renovierungsbedürftige Objekte oder Immobilien in schlechteren Lagen stiegen kontinuierlich im Preis und wurden noch Anfang 2022 deutlich über ihrem Wert verkauft.

Damit ist jetzt Schluss, der Immobilienmarkt hat in ganz Deutschland eine Vollbremsung hingelegt. Einen flächendeckenden Preisrutsch werden wir aber nicht sehen. 2023 differenziert sich der Markt kleinteiliger aus: Einige Lagen und Objekte bleiben stabil auf dem jetzigen Niveau oder werden nur geringfügig billiger. Bei anderen müssen die Verkäufer dagegen deutlich von ihren jetzigen Vorstellungen Abschied nehmen und sie zum Teil zu wesentlich geringeren Preisen anbieten.

Im Moment herrscht eine Art Habachtstellung, Verkäufer und potenzielle Käufer beäugen einander: Wer gibt als Erster nach? Die derzeitigen Besitzer werden mehr Kompromisse machen müssen, denn viele Interessenten sind an ihrer finanziellen Schmerzgrenze angekommen.

Die großen Städte haben bis zur Corona-Pandemie von ungebrochenem Interesse und Zuzug profitiert. Viele waren bereit und in der Lage, sehr hohe Quadratmeterpreise zu zahlen, damit sie zentral oder in der Nähe des Arbeitsortes wohnen konnten. Mit weiter steigenden Kosten und neuen Möglichkeiten, auch von zu Hause aus zu arbeiten, hat sich das geändert. Dieser Trend hält voraussichtlich an.

Die Immobilienpreise werden in den Metropolen nicht mehr so stark steigen, sondern stagnieren oder sogar leicht zurückgehen. Auch hier muss man genau hinschauen: Die Mikrolage hat einen großen Einfluss auf die Preisentwicklung.

In den Speckgürteln – oft das Beste aus zwei Welten – sollte 2023 niemand auf einen Preisrutsch hoffen. Hier sind die eigenen vier Wände günstiger als in der Großstadt und wertstabil. Anders wird es vermutlich im ländlichen Raum aussehen: Dort, wo die Wege zur Schule, zur Arbeit oder zum Supermarkt lang sind, geben die Preise am schnellsten und stärksten nach.

Nicht nur die Lage entscheidet 2023, ob und wie stark die Preise fallen. Mindestens genauso wichtig ist die Immobilie selbst – und hier vor allem: ihre Energieeffizienz. Die Kosten für Strom, Heizung und Warmwasser sind so extrem in die Höhe geschnellt, dass der Energieverbrauch zu einem kritischen Faktor bei der Immobiliensuche geworden ist.

Verkäufer von alten, unsanierten Häusern oder Wohnungen müssen sich auf hohe Abschläge einstellen: Hier kann der Unterschied zu dem Preis, wie er noch letztes Jahr realistisch war, im zweistelligen Prozentbereich liegen, so Neumann. Gerade Käufer mit normalem Einkommen könnten hier ein Schnäppchen wittern und ihren Immobilienwunsch doch noch verwirklichen – trotz höherer Finanzierungskosten.

Aber sie sollten das mit Vorsicht und Weitsicht tun: Denn auch bei den Modernisierungskosten schlagen Lieferengpässe und Inflation zu Buche. Daher empfiehlt es sich, das Budget dafür gleich bei der Finanzierung der Immobilie mit zu beantragen.

Ihr
Tobias Mangold